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4 Bilder Infoheft Fastenzeit 2023

Fastenzeit 2023

spielerisch befreiend

Ich öffne meinen Briefkasten, erkenne die gelbe Postkarte und weiß sofort: ich muss wieder einmal zur nächstgelegenen Postfiliale laufen, dort in einer Schlange warten, dort den leider unfreundlichen Kioskmenschen mit Freundlichkeit begegnen, um dann endlich mein Paket in der Hand zu haben. Mich nervt das. Ich erlaube der Post immer wieder: Sie dürfen mein Paket vor meiner Wohnungstür ablegen. Getan hat das noch niemand; meine Erlaubnis wird ignoriert. Ich vertraue meiner Nachbarschaft, die Post nicht. Sie darf das wohl nicht.

Ich stehe vor meinem Briefkasten im Hausflur. Ich war gerade erst draußen. Ich bin Fahrrad gefahren. Draußen ist es kalt und nass, denn es regnet. Also lohnt sich für mich nicht, erst in meine Wohnung zu gehen, um dann erneut aufzubrechen. Von daher öffne ich die Haustür und begebe mich wieder in den Regen. 
Verärgert gehe ich die Straße entlang. An der ersten Kreuzung zeigt meine Fußgängerampel: rot. Ich muss also zusätzlich im Regen stehenbleiben und warten. Endlich springt die Ampel auf Grün und ich wechsele auf den gegenüberliegenden Bürgersteig und folge der Häuserreihe entlang. Von weitem sehe ich einen älteren Herrn, der mir entgegenkommt. Er stützt sich mit einer Hand auf einen Gehstock. Unter meiner Kapuze schaue ich zu Boden. Als er näherkommt, sehe ich auf: der Herr hält sich mit der anderen Hand eine Zeitung über den Kopf, um sich vor dem Regen zu schützen. Er sieht, dass ich ihn ansehe. Er grinst und auch ich muss grinsen. Wir nicken uns zu und gehen aneinander vorbei.

Die Art und Weise, wie er sich vom Regen nicht beeinflussen lässt, gefällt mir. Ihm ist egal, dass seine Zeitung nass wird. Ob sie noch gut lesbar sein wird, weiß ich nicht. Ich lächele und finde sein Wohlwollen spielerisch befreiend. Er lächelte und ich musste lächeln. Er und ich haben meine Verärgerung weggeschmunzelt. Ich mag diese kleinen Momente des anonymen Miteinanders.

Ein anderer Tag: wieder beim Warten, dass eine Ampel grün wird, machte ich ebendenselben spielerischen Versuch: ich lächelte alle Menschen in den Autos an, die an mir vorbeifuhren. Ich finde, erstaunlich viele bemerkten das und lächelten zurück. Vielleicht freuten sie sich. Ich freute mich.

Gamification ist eine spielerische Idee, um Perspektiven, die eigene Stimmung oder das eigene Verhalten zu ändern. Manche Spiele können viel bewirken. Der Film 'Das Leben ist schön' (1997) zeigt das hervorragend. Spielerisch befreiend wirkt für mich auch die Szene des Kreuzaufnehmens im Film 'Das Leben des Brian' (1979) mit dem Zitat: „Jeder nur ein Kreuz“. Spielerisch habe ich für diesen Text das maschinelle Lernsystem ChatGPT ausprobiert. Die Vorschläge fand ich jedoch langweilig. Für meinen Weg zum Paket / zur Postfiliale merke ich mir: mach was Spielerisches: berühre im Gehen nur die Steinplatten, tritt niemals auf eine Rille, und habe Freude dabei. Oder: spiele mit Autos, Fenstern, Geräuschen, Menschen. Oder: mache die Augen zu und spüre den Weg entlang der Häuserwände. Für mich bleibt das Spiel mit dem Lächeln spannend. Ich habe bereits als Kind oft und gerne Menschen angelächelt und beobachtet, wie sie reagieren. Flirten hat etwas davon. Sie oder du werden eigene Spiele mit sich selbst und mit ihrer Umgebung haben, die hoffentlich wenig Material benötigen. Auch Spiele mit viel Material würde ich gerne öfter sehen im Krankenhaus. Oder: dass die Bildschirme in den Zimmern mehr zum aktiven Spielen genutzt werden als zum passiven Schauen. Ich finde immer wieder: Spielen tut gut: als Unterbrechung, als neue Perspektive, als neuer Versuch. Immer wieder neu starten.

Ich wünsche Ihnen Spiele an jedem Ort und für die Suche nach neuen Spielen und Spielideen und für alles Spielen: Viel Freude!

Für das Seelsorgeteam
Diotim Meyer

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